Volksbegehren “Rettet die Bienen”: Walter Haefeker im Interview

Das Volksbegehren "Rettet die Bienen" zur Artenvielfalt in Bayern war erfolgreich. Wir haben mit Walter Haefeker, dem Präsident der Europäischen Berufsimker über das Volksbegehren und mögliche Veränderungen in der Landwirtschaft gesprochen.

Walter Haefeker, Präsident des Europäischen
Walter Haefeker, Präsident des Europäischen

Walter Haefeker ist Präsident des Europäischen Berufsimkerverbandes, im Vorstand des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbundes und engagiert sich bei der Milchmarke sternenfair für eine bienenfreundliche Landwirtschaft. Zudem ist er seit über 15 Jahren biozertifizierter Berufsimker im Süden Bayerns.

Herr Haefeker, wie ist Ihre Meinung zum Ausgang des Volksbegehrens?
Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Bevölkerung hat sich noch nie so stark in die Agrarpolitik eingemischt. Die Leute wünschen sich Veränderungen in der Landwirtschaft.

Viele Landwirte fühlen sich hier aber zu Unrecht angegriffen.
Es gibt einen Unterschied zwischen dem Landwirt und dem System, in das er gepresst ist. Die Öffentlichkeit sieht dieses System sehr kritisch, nicht den Landwirt. Viele möchten den Landwirt gerne unterstützen.

Wie läuft Ihre Zusammenarbeit da ab?
Wir arbeiten mit Landwirten zusammen, um insektenfreundliche Konzepte auszuarbeiten. Für eine bienenfreundliche Umwelt brauchen wir die kleinbäuerlichen Betriebe. Wir müssen deshalb auch den Strukturwandel stoppen.

“Blühstreifen-Projekte dürfen kein Ersatz für substantielle Veränderungen sein”

Der Titel des Volksbegehrens war ‚Rettet die Bienen‘. Muss man die Bienen denn überhaupt ‚retten‘?
‚Rettet die Bienen‘ heißt ja nicht ‚rettet die Honigbienen‘. Dazu gehören viele Verwandte wie Wildbienen und Hummeln. Bei den Honigbienen gibt es den Imker als Reparaturbetrieb. Der kümmert sich um das Volk, macht Ableger oder importiert Kunstschwärme. So können Verluste ausgeglichen werden. Sowas gibt es bei Wildbienen und anderen Insekten nicht. Dazu gibt es ein Sprichwort: Imker halten sich keine Bienen, sondern Bienen halten sich Imker. Als Fürsprecher.

Die Landwirte verweisen gerne auf Blühflächen, die sie freiwillig anlegen. Halten Sie solche Aktionen für ein Alibi oder für sinnvolle Maßnahmen?
Wir freuen uns über jede Blüte. Wildbienen brauchen aber vernetzte Biotope, da sie einen kleineren Aktionsradius haben. Einzelne Blühstreifen bringen da nicht viel. Solche Blühstreifenprojekte dürfen kein Ersatz für substantielle Veränderungen sein.

Das Volksbegehren sieht vor, dass bis 2030 in Bayern 30% der Landwirtschaft ökologisch sein soll. Welche Vorteile haben Insekten in einer Öko-Landwirtschaft?
Man hat in Regionen mit biologischem Anbau weniger Probleme mit Pestiziden. Ohne Herbizide gibt es auch mehr Beikräuter in der Kultur, die von Insekten genutzt werden. Kornblumenhonig ist das beste Beispiel.

Kornblumen in Getreidefeld
Kornblumen in Getreidefeldern sind für Insekten eine wichtige Nahrungsquelle

“Die Landwirtschaft wird sich radikal ändern”

Aber ist Bio auch immer bienenfreundlich?
Auch der Bio-Bereich muss sich weiterentwickeln, beispielsweise bei der Mähtechnik. Auch ist interessant, dass das Volksbegehren nur 30% Bio fordert. Bei 70% brauchen wir also auch Alternativ-Lösungen.

Was wären konkrete Verbesserungen zu bisherigen Maßnahmen?
Momentan setzen wir uns sehr stark für eine Digitalisierung ein, so dass man Pflanzenschutzmittel nicht wie bisher einsetzen muss.

Haben Sie uns ein Beispiel?
Ich war kürzlich auf einem Workshop mit Zuckerrüben-Anbauberatern. Da ging es um den Unterschied zwischen Bio und Konventionell. Im Konventionellen werden mit einem Breitband-Herbizid alle Unkräuter abgetötet. Bei Bio wird das Unkraut von Hand gerupft. Für die Bio-Betriebe ist es aber nicht wirtschaftlich alles auszurupfen, sie wollen nur unter die Schadschwelle kommen. Es bleiben also noch Kräuter für Insekten.

Und wo haben wir jetzt die Digitalisierung?
Es gibt bereits Agrarroboter, die das Unkraut jäten. Der Roboter kann genau so viel rupfen, dass man unter der Schadschwelle ist. Der Rest bleibt stehen. Dann hätte man die Biodiversität in der Fläche. Die Landwirtschaft wird sich hier radikal ändern.

“Wo die Wildbienen klarkommen, haben die Honigbienen auch keine Probleme.”

Könnten wir Imker bei solchen Veränderungen mit mehr Honigertrag rechnen?
Wir wollen keine Ertragsmaximierung, sondern eine Verbesserung der Bienengesundheit. Das Fundament jeder Imkerei sind gesunde Bienen. Dazu ist ein vielfältiges Pollenangebot wichtig und weniger Trachtlücken zu haben.

Bei einer strengeren Reglementierung von Pflanzenschutzmitteln wird der Rapsanbau wohl zurückgehen. Der war bisher stets eine sichere Trachtquelle. Wie stehen Sie zu der Problematik?
Es gibt auch ein ‚Zu viel des Guten‘. In Norddeutschland ist es besonders extrem, dass es nach der Rapsblüte kaum noch Tracht gibt. Es geht ja nicht nur um die Erträge der Honigbienen, sondern auch um anderen Insekten. Wo die Wildbienen klarkommen, haben wir mit den Honigbienen auch keine Probleme. Die beste Bestäubung hat man auch nicht nur mit Honigbienen, sondern wenn die gesamte Bienenfamilie am Werk ist.

Kann es auch ein Schutz der Artenvielfalt geben, wenn wir ohne harten Schnitt weitermachen wie bisher?
Nein, es braucht eine deutliche Veränderung des Systems. Es müssen aber alle Akteure profitieren, auch die Landwirte. So lassen sich einseitige Optimierungen verhindern. Wir haben auch kein Interesse daran, nur für die Berufsimker zu verhandeln. Es müssen auch andere Umweltverbände mit am Tisch sitzen.

Wie geht es jetzt weiter mit dem Volksbegehren?
Der Landtag wird im Zuge des Volksentscheids einen eigenen Gesetzesvorschlag einbringen. Hier schauen wir, dass dieser auch von uns Imkern ausgehandelt wird. Wir vom Berufsimkerbund spielen dabei eine große Rolle, da wir diese verbandsübergreifende Arbeit schon seit Jahren machen. Was bisher kleine Projekte waren, können wir jetzt im Großen einbringen. Mit dem Volksbegehren und verschiedenen Einwirkungsmöglichkeiten auf die Politik schlägt jetzt unsere große Stunde.

bbu/20.02.2019

Das Interview mit dem Präsident des Bayerischen Bauernverbandes Walter Heidl finden Sie hier: Volksbegehren “Rettet die Bienen”, Walter Heidl im Interview

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