15. Juli 2022

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Kalkbrut erkennen und Völker sanieren

Der Pilz verursacht weiße, starre Bienenpuppen, die vor dem Verlassen der Zellen sterben. Was können wir Imker gegen Kalkbrut tun?
Kalkbrut erkennen Imker meist schon vor der Wabendurchsicht. Arbeiterinnen werfen die vom Pilz befallene Brut vor das Flugloch.

Kalkbrut ist eine invasive Mykose (Pilzkrankheit), die Bienen infiziert: Der weltweit verbreitete Schimmelpilz Ascophaera apis befällt ausschließlich die Bienenbrut. Obwohl die Krankheit für die Larven tödlich sein kann, ist sie auf Volksebene nicht tödlich. Jedoch kann es zu erheblichen Verlusten der Bienenbrut und fehlendem Nachschub von jungen Arbeitsbienen kommen. Außerdem berichtet man von einer geringeren Honigproduktion von 5 bis 37 Prozent (Zaghloul et al., 2005). Stress kann die Immunabwehr des Bienenvolkes herabsetzen und der Pilz durchbricht leichter die physikalischen und chemischen Barrieren, wie die Wachsschicht der Kutikula (Außenhaut) der Bienen.

Erwachsene Bienen sind für Ascophaera apis nicht anfällig. Sammlerinnen können die Krankheit jedoch über sporenhaltiges Futter auf Ammenbienen übertragen. Diese wiederum geben das kontaminierte Futter an die Larven ab. Zwischen verschiedenen Bienenvölkern werden die Sporen des Schimmelpilzes durch den Wabentausch der Imker gefördert. Die Sporen können sich auf allen Bereichen des Bienenvolkes im Haarkleid, im Wachs, im Pollen, im Futter und auch am Beutenmaterial anreichern und über 15 Jahre lebensfähig bleiben (Flores et al., 2005).

Woran erkennen wir von Kalkbrut befallene Völker?

Ascophaera apis kann Brut der Arbeiterinnen, Drohnen und Königinnen infizieren. 1-4 Tage alte Larven sind am anfälligsten. Die infizierten Larven fressen immer weniger bis sie ganz damit aufhören. Im Lumen des Darms der Larven keimen die Sporen aus und die weißen, fadenförmigen Zellen des Pilzes (das Mycel) durchbrechen die Darmwand. Nach dem Durchdringen der Darmwand, wächst der Schimmelpilz in die Körperhöhle und bricht durch das hintere Ende der Larve aus. Anschließend wächst das Mycel vom hinteren Ende zum vorderen Ende der Larve und bedeckt schließlich die gesamte Larve mit einer dicken Schicht der fadenförmigen Zellen. Die Biene stirbt als Strecklarve ab, in seltenen Fällen erst als Vorpuppe. Das Pilzmycel trocknet ein, die Bienen erscheinen zu harten weiß-gelblichen ,Mumien’. Sie können auch grün-schwärzlich aussehen. Dies passiert wenn weibliche und männliche Sporen auskeimen und Mycelien bilden, die aufeinander treffen.

Kalkbrut vor und bei der Wabendurchsicht erkennen

Als Imker findet man die Kalkbrutmumien oft bereits vor dem Flugloch oder im Beutenboden. In diesem Fall räumen die Bienen die erkrankte Brut aus den Zellen und werfen sie aus dem Stock. Dann ist das Hygieneverhalten noch intakt. Schaut man in das Bienenvolk, fällt häufig ein löchriges Brutnest auf, das nicht schön vollflächig verdeckelt ist. Man kann aber auch vereinzelt Kalkbrutmumien oder kleine von weißem Schimmelpilz überzogene Puppen im Brutnest vorfinden. Sie sitzen dabei locker in der Zelle und fallen bei waagrechter Haltung aus der Wabe heraus.

Was können wir Imker gegen die Kalkbrut tun?

Die Kalkbrut ist eine Faktorenkrankheit: Kommen mehrere, für den Pilz begünstigende Faktoren zusammen, ist es wahrscheinlicher, dass die Bienen erkranken. Niedrige Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit begünstigen das Pilzwachstum. Daher trifft man sie häufig im zeitigen Frühjahr oder Herbst an, sowie in schlecht belüfteten Bienenbeuten (Borum et al., 2008).

Kalkbrut ist also tatsächlich “Kaltbrut”. Außerdem beeinflussen Unterschiede in den Pilzstämmen, sowie Gesundheit, Stressfaktoren und Genetik der Bienen Auftreten und Schwere der Kalkbrut: Bienenvölker mit ausgeprägtem hygienischem Verhalten haben eine reduzierte Anzahl von Pilzsporen in gelagertem Futter und Wabenwachs. An Varroose erkrankte Völker sind durch eine geschwächte Immunabwehr anfälliger für die Kalkbrut. Studien deuten daraufhin, dass Bakterien im Bienendarm die Krankheit eindämmen könnten (Omar et. al, 2014; Khan et. al; 2020). Medikamente gegen die Kalkbrut gibt es nicht und sind auch nicht nötig. Der positive Einfluss der Darmbakterien stellt allerdings eine Behandlung mittels Probiotika in Aussicht (Iorizzo et. al; 2021).

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Starke Völker bei Kalkbrut unterstützen

Bei starken Völkern mit ausgeprägtem Hygieneverhalten setzt man auf Selbstheilung. Wenn möglich, wählt man einen trockeneren, wärmeren Standort. Um den Putztrieb zu fördern, kann man die Bienen einengen, füttern oder eine Tracht anwandern. Um die Bienen vor weiteren Stressfaktoren zu schützen, ist die Varroabehandlung entscheidend. Kalkbrut kann durch menschliche Aktivitäten zugenommen haben (Aizen et al., 2009). Man sollte keine Waben oder Beutenmaterial zwischen den Bienenvölkern tauschen und den Stockmeißel regelmäßig desinfizieren. Außerdem alte Brutwaben entfernen, denn diese fördern die Kalkbrut (Koenig et. al, 1986). Gut durchlüftete Beutensysteme wirken vorbeugend. Bei schwächeren Völkern mit hohem Kalkbrutbefall muss man sanieren.

Schwache Völker bei Kalkbrut sanieren: Umtreibeverfahren

Zunächst entnimmt man den für die Ernte angedachten Honig. Dann engt man das Bienenvolk ein und trennt die Brutwaben über einem Absperrgitter von der Königin – in einer neuen Zarge mit frischen Mittelwänden. Das neue Beutenmaterial macht man vorher von Krankheitserregern frei, indem man das Holz abflammt. Im Vergleich zum Sanieren mit Kunstschwarm darf die Brut hier schlüpfen und dann die alten Brut- und Futterwaben entnommen und eingeschmolzen werden. Durch das Ausschmelzen werden die Pilzsporen vernichtet, das Verbrennen oder Entsorgen der Waben ist nicht notwendig. Führen Sie die Methode am besten während der Tracht durch oder achten Sie auf genug Futter beim sanierten Volk.

Zum Schluss tauschen wir die Königin. Tritt ein Kalkbrutbefall nach all dem immer wieder auf, kann die genetische Linie Grund für die anfälligen Bienen sein. Kalkbrutanfällige Völker sollten von der Zucht ausgeschlossen werden, am eigenen Bienenstandort sollte man auf frische Gene von außen setzen.

Mit dem Umtreibeverfahren könnnen Imker ihre Bienenvölker bei Kalkbrut sanieren, ohne die Brut zu verlieren.
Mit dem Umtreibeverfahren könnnen Imker ihre Bienenvölker bei Kalkbrut sanieren, ohne die Brut zu verlieren.

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