07. August 2020

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Was ist Bienengesundheit?

Dr. Claudia Garrido schreibt in bienen&natur regelmäßig über Bienengesundheit. Dieses Mal fragt sie sich, wie man die Bienengesundheit eigentlich definiert.
Diese Drohnen leiden an einem starken Varroabefall sie werden alles andere als gesund sein, wenn sie schlüpfen.

Mir war schon öfter aufgefallen, dass der Begriff „Bienengesundheit“ sehr unterschiedlich gebraucht wird. Das war für mich Anlass, eine kleine Umfrage zu machen. Ich fragte auf meinem LinkedIn-Account, was meine Leser unter „Bienengesundheit“ verstehen. Es gab vier Antwort-Optionen, nämlich „Varroa-Behandlungen“, „Bienenvölker produktiv halten“, „Pestizide verbieten“ und „Sonstiges“, verbunden mit der Bitte, es zu präzisieren.

Sehr erfreulich fand ich, dass eine Mehrheit von 42 Prozent sich für „Bienenvölker produktiv halten“ entschied. Warum? Weil das zeigt, dass viele verstanden haben, dass nur gesunde Völker viel Honig produzieren können. Häufig hört man „der Honigertrag zeigt, ob ein Volk gesund ist.“ Das ist von der falschen Seite her gedacht. Der Honigertrag ist nur eine Momentaufnahme. Je nachdem, wie das Trachtangebot der letzten Tage und Wochen war. Und natürlich, wie das Volk dieses Angebot ausnutzen konnte. Das hängt zwar von der Gesundheit des Bienenvolks ab, aber eben auch vom Wetter, wie weit die lohnende Tracht entfernt war usw.

„Bienengesundheit“ ist langfristig. In meiner Umfrage war eine Antwort unter „Sonstiges“ in diesem Zusammenhang besonders interessant. Der kanadische „Bieneninspektor“ (etwa wie unsere Fachberater) Medhat Nasr sagte: „Integriertes Betriebssystem, dass auch die wirtschaftliche Seite berücksichtigt.“ Auf den ersten Blick klingt das kompliziert und so gar nicht nach Gesundheit. Es hat aber durchaus etwas damit zu tun: Nichts ist so teuer für den Imker, wie nicht auf die Gesundheit seiner Bienenvölker zu achten.

Bienengesundheit ist nicht nur Varroabehandlung

„Die Varroa-Behandlungen sind so teuer! Die Firmen wollen uns doch nur das Geld aus der Tasche ziehen!“ ist noch ein Spruch, den ich oft höre. Nein. Wieder vom falschen Ende gedacht. Viel teurer ist es, wenn Sie nicht gegen die Varroa behandeln. Wenn Ihre Völker deshalb den Winter nicht überleben, verlieren Sie nicht nur ein Volk, sondern eben auch die Honigernte im nächsten Jahr. Ich kenne einen „Berufsimker“, der die Varroa für überschätzt hält, nicht behandelt und alle zwei bis drei Jahre einen Totalverlust hat. Er schiebt es dann auf die Landwirte und andere sammeln für ihn, damit er seinen Betrieb wieder aufbauen kann. Ein solcher „Imker“ verdient diese Bezeichnung nicht.

Immerhin 26 Prozent setzten „Bienengesundheit“ mit Varroa-Behandlungen gleich. 16 Prozent meinten, es hieße, Pestizide zu verbieten. Beides vereinfacht die Situation. Natürlich gehören gute Varroa-Behandlungen zum „Gesundheits-Management“. Aber damit hört es nicht auf: Betriebsweise, Standplatz, Bienenernährung – all das gehört dazu. Da versteht es sich fast von selbst, dass auch ein Totalverbot von allen Pflanzenschutzmitteln immer noch nicht die „Bienen retten“ würde. Wenn wir uns nur auf die Einzelteile konzentrieren, verbessern wir nicht die Gesamtsituation. Ab und zu einen Schritt zurück, um wieder auf das ganze Bild zu gucken, ist sicherlich ratsam.