Frage: In diesem Jahr haben mich vermehrt Kunden nach einheimischem Pollen gefragt. Alle waren Pollenallergiker, und ihnen war empfohlen worden, sich beim Imker vor Ort Blütenpollen als Immunstärkung zu holen.
Da ich mich mit dieser Problematik nicht auskenne, würde ich mich über eine Information dazu freuen.
Herbert Zimmer
34633 Immichenhain
Antwort:
Ein den Aussagen entsprechender Ratschlag findet sich unter anderem im Internet unter http://forum.garten-pur.de/Gartenmenschen-36/Pollenallergie-4713_0A.htm. Leider kann die Empfehlung nicht bestätigt werden, denn Pollen ist das am schlechtesten untersuchte Bienenprodukt.
Wissenschaftliche Untersuchungen zur allgemeinen Stärkung des Immunsystems gibt es nicht, und selbst in einem der Bücher, in denen Pollen in den Himmel gelobt wird, finden sich keine entsprechenden Behauptungen (Brown, 1993). Auch die theoretische Voraussetzung, nämlich dass Pollen das Immunsystem von Pollenallergikern stärkt, ist nicht bewiesen. Sicherlich hat Pollen auch Effekte auf das Immunsystem, doch ob diese sich immer positiv auswirken, bleibt fraglich. Betroffene in den Diskussionsforen haben positive Veränderungen meist nicht bestätigt.
Eine andere Frage ist, ob sich Pollenallergiker Honig der Region besorgen sollten, um die Allergie günstig zu beeinflussen. Ein entsprechender Rat wird in verschiedenen Internetforen gegeben, und es finden sich glaubhafte Aussagen von Personen, die eine Besserung beschreiben.
Von wissenschaftlich-medizinischer Seite wird die Situation als problematisch eingeschätzt. Wenn eine Blütenpollenallergie besteht und der Honig den Pollen der jeweiligen Pflanze enthält, sind allergische Reaktionen möglich (Fuiano et al., 2006).
Entsprechend wird Allergikern, die auf bestimmten Pollen allergisch sind, geraten, den jeweiligen Honig eher zu meiden. Wissenschaftliche Untersuchungen, inwieweit Honig zur Milderung der Allergie (Desensibilisierung) eingesetzt werden könnte, gibt es nicht. Grundsätzlich aber erscheint eine Desensibilisierung durch Aufnahme von Antigenen über den Magen-Darm-Trakt möglich zu sein, denn in der Vergangenheit wurden einige Untersuchungen durchgeführt, bei denen Betroffene Extrakte von Gräserpollen geschluckt haben und nachher über eine Besserung von Heuschnupfen, Asthma und Bindehautentzündungen berichteten (Van Niekerk et al., 1987; Sabbah et al., 1994; Vourdas et al., 1998). Wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema Honig bei Pollenallergien erscheinen daher durchaus sinnvoll
Prof. Dr. Karsten Münstedt
Universitätsklinikum Marburg
und Gießen Klinikstraße 32
35385 Gießen