Zu viel Kritik an der Landwirtschaft?

Antworten zu den Leserbriefen von Sebastian Betz und Dr. Ernst-Peter Thies

Die zwei Leserbriefe im letzten Februarheft mit dem Vorwurf, wir würden die Landwirtschaft nicht ausgewogen darstellen, haben eine wahre Diskussion ausgelöst. Wir haben von einem Teil der Zuschriften die Kernaussagen im Märzheft 2018 veröffentlicht. Nachfolgend die vollständigen Stellungnahmen der Leserinnen und Leser.

Martin Janetzko, 77773 Schenkenzell

Mit Interesse habe ich unserer Fachzeitschrift „bienen & natur“ Nr. 2.2018 gelesen. Den beiden Leserbriefen von Herrn Betz und Herrn Dr. Thies auf Seite 43 kann ich nur zustimmen. Hierzu ein paar Anmerkungen:

In Deutschland geben jährlich 3 % der landwirtschaftlichen Betriebe auf, weil sie keine Zukunft mehr für sich sehen. Sei es, weil der potenzielle Hofnachfolger oder die Jungbäuerin sich statt für eine 60-Stunden-Woche mit schmalem Lohn, viel Bürokratie und unsicherer Zukunft im elterlichen Betrieb lieber für einen anderen qualifizierten Beruf entscheiden. Sei es, weil für den Lebensunterhalt, die Sozialversicherungen, eine notwendige betriebliche Entwicklung, für die Erhaltung und Erneuerung der Gebäude und Maschinen, die Pachtzahlungen, den vorhandenen Kapitaldienst (Zins und Tilgung), einfach das notwendige Geld fehlt. Sollte der Preis z. B. für den Liter Vollmilch wieder auf unter 20 Cent, der Schlachtschweinepreis wieder unter 1,30 € pro kg Schlachtgewicht, der Preis für 100 kg Mahlweizen wieder unter 10,00 € fallen, wird sich dieser negative Trend zur Betriebsaufgabe noch verstärken.

Wenn es die Möglichkeit für einen Einstieg in alternative Landwirtschaft noch gibt, ist dies sicher eine Option. Im Bundesdurchschnitt werden immerhin 9 %, andere Quellen sprechen von 6,4 %, der landwirtschaftlichen Nutzflächen von Biobetrieben bewirtschaftet. Allerdings steht unterm 30.01.2018 in der Stuttgarter Zeitung: „Heute kommt auf zwei Landwirte, die auf Bio umstellen, einer, der wieder zur konventionellen Landwirtschaft zurück kehrt“. Es ist nicht ganz einfach, ohne zugelassene Mineraldünger und Pflanzenschutzmittel, mit wesentlich höherem Arbeitseinsatz, drei Jahren Übergangszeit mit noch konventionellen Preisen und den Kosten für die Bio-Kontrollorganisation zurecht zu kommen. In 2017 hatten etliche Biowinzer einen Totalausfall ihrer Ernte zu beklagen, weil die für sie zugelassenen Pilzmittel nicht ausreichend wirkten.

Auch in der konventionellen Landwirtschaft ist der Kauf und die Anwendung von wirksamen Pflanzenschutzmitteln ohne Sachkundenachweis nicht möglich. Dazu benötigt der Landwirt oder Gärtner eine qualifizierte Ausbildung. Er muss Nützlinge, Schädlinge, Krankheitsbilder, Unkräuter, Schadschwellen etc. kennen und jährliche Fortbildungen nachweisen. In Sonderkulturbetrieben, z. B. mit Obst- oder Weinbau ist seit vielen Jahren der Integrierte Pflanzenschutz gute fachliche und Nützlinge schonende Praxis.

In den einzelnen Bundesländern nehmen die Landwirte ausnahmslos neben den von EU, Bund und Ländern angebotenen Ausgleichsleistungen an Umweltprogrammen teil. In Baden-Württemberg z. B. an FAKT – Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl. Dazu gehören nur kurzfristig angemeldete Betriebsprüfungen und Vor-Ort-Kontrollen. Dabei werden unter anderem die Vorgaben des Tierschutz-, Wasserschutz- und Pflanzenschutzgesetzes auf dem Betrieb kontrolliert. Es wird u. A. geprüft, ob die Bodenuntersuchungsergebnisse und die entsprechende Nährstoffbilanz vorliegt und die Pflanzenschutzspritze ihren TÜV-Stempel hat.

Deshalb ziehe ich den Hut vor Jedem, der sich für die Natur und die Landwirtschaft interessiert, etwas für unsere Umwelt tut, der selbst noch Nahrungsmittel anbaut oder im Hofladen oder auf dem Wochenmarkt direkt vom Erzeuger einkauft. Reden wir – auch in unserer Imkerzeitung – nicht immer von „Pestiziden“. Ich verbinde mit Pest noch immer „unheilbare Krankheit und Schwarzer Tod“. Ein Geschäft, in dem ich Geschenke (Gifts) kaufen kann, nenne ich auch nicht Gift-Shop. Erkennen wir das Motto von BUND, NaBu und anderen Umweltverbänden „Wir haben es satt“ an. Anerkennen wir aber auch das von Landjugend und Bauernverband „Wir machen Euch satt“. Lassen wir den Kontakt zu unseren Landwirten nicht abreißen und reden wir mit ihnen!

Ich selbst lebe in einer Gemeinde im Mittleren Schwarzwald mit über 70 % Waldanteil auf der Gemarkung. Wir haben noch eine kleine Handvoll Bauern. In der Hauptsache Waldbauern mit etwas Grünland und Futterbau. Die Tiere – in der Hauptsache Mutterkühe und Mastochsen – weiden über Sommer draußen und werden über Winter überwiegend im Offenlaufstall gehalten. Mineraldünger und Pflanzenschutzmittel werden nicht oder nur in äußerst geringem Umfang angewandt. Seit 40 Jahren halte ich zusammen mit meiner Frau Bienen im Nebenerwerb. Leider haben auch wir in unserem Verein Völkerverluste zwischen 10 und über 40 %. Woher nur diese Verluste immer wieder kommen?

 

 

Klaus-Peter Lübke, 19374 Domsühl

Ich möchte zu den unsäglichen Briefen der Herren Betz und Dr. Thies Stellung nehmen. Dabei will ich mich nicht mit den Unrichtigkeiten in beiden Briefen aufhalten. Das Absurde der Situation ist doch, dass große Teile der konventionellen Landwirtschaft einerseits und Umweltschützer andererseits sich feindlich gegenüberstehen, obwohl beide das gleiche Ziel haben: eine gesunde Umwelt. So gesteht doch der Landwirtschaftsminister auf einer Agrarkonferenz immerhin zu, dass die deutsche Landwirtschaft umweltverträglicher werden muss, kleine und mittlere Betriebe bräuchten Hilfe. Um gleich darauf alles wieder umzustoßen, indem er fordert, Deutschland müsse einen Beitrag zur Welternährung leisten, ohne die katastrophalen Auswirkungen zu erwähnen, die Billigexporte aus der EU auf lokale Märkte besonders in Afrika haben. Günstige Massenproduktion und Umweltschutz: Das geht nicht zusammen. Wir brauchen eine Landwirtschaft, die nicht länger Insekten, Vögel, Boden und Wasser gefährdet. Die Viehbestände müssen ausgedünnt werden, besonders dort, wo zu viel Nitrat aus der Gülle ins Grundwasser gelangt. Und andererseits müssen die Landwirte endlich faire Preise für ihre Arbeit erhalten. Jetzt werden ihre Erzeugnisse zu Billigpreisen verramscht, wodurch sie gezwungen sind noch günstiger zu produzieren. Die Wertschöpfung aus der Landwirtschaft darf nicht Konzernen überlassen werden, sondern sollte im ländlichen Raum bleiben. Bäcker, Metzger, kleine Molkereien dürfen nicht geschlossen, sondern das Lebensmittelhandwerk muss gestärkt werden. Und das funktioniert nur, wenn Naturschützer und Landwirte zusammenarbeiten. Mit einem Joachim Rukwied, der befürchtet, dass dann Deutschland „aus der Champions League in die Kreisklasse C absteigen” würde, wird das nicht gelingen.

 

Dr. Friedhelm Berger, Umweltbund, Initiative der Imker, Landwirte und Verbraucher e. V.

Pflanzenschutzmittel dürfen gekauft werden, aber bei aller Konsequenz der Gesetze und Verordnungen eigentlich nicht angewendet werden. Jeder Einwohner der Europäischen Union hätte die Möglichkeit Landwirte deshalb abzumahnen.

Dass es ökonomisch ganz ohne Pestizide geht, ist dem Deutschen Bauernverband, Deutschen Imkerbund und den Berufsimkern von Europa spätestens seit 2003 bzw. 2004 durch mich als damaligem Kommissar der Europäischen Berufsimker (EPBA) bekannt. Weshalb diese Vereine im Gegensatz aber zu einigen Mitgliedern die Schulung nicht ausreichend unterstützten, soll sich jeder selbst darüber Gedanken machen. Aber vielleicht kommt die Unterstützung durch die Vereinsführungen zum Wohl aller Menschen, Bienenvölker und der Umwelt nun 2018?

Es fehlt nur an der ausreichenden Schulung der Landwirte durch die öffentliche Hand, damit diese sich gesetzeskonform verhalten und ökonomische und ökologische Verfahren erlernen können. Wir fordern seit Jahren die Länderminister, den je nach Bundesland alle 3 bis 5 Jahre wiederkehrenden Pflichtpflanzenschutzschein für die ‚Grünen Berufe‘ damit ausreichend fachlich zu ergänzen, damit es nicht zu Abmahnungen kommen muss. Dabei müssen die ‚Grünen Berufe‘ (auch studierte Agrarwissenschaftler) über den Wirkmechanismus der ‚Pflanzenschutzmittel‘ (mit Rückständen bzw. Beistoffen), Düngemittel und das Leben auf den Blatt-Blüten-Oberflächen aufgeklärt werden. Dies wird seit 2001 der ‚grünen Praxis‘ und an Universitäten in der Bundesrepublik Deutschland verweigert.

Es gibt aber auch Landwirte, Obstbauern, Winzer, Gemüsebauern und Waldbauern die ohne den öffentlichen Druck unsere Schulungsangebote zu ihrem eigenen ökonomischen und gesundheitlichen Wohl annehmen. http://www.umweltbund.de/fortbildung#Eurichtlinie

Diese Schulungspflicht der Bundesländer haben uns mehrere EU-Agrar-Umwelt- Kommissare seit 2003 bestätigt, es fehlt in der Bundesrepublik Deutschland nur an der Umsetzung durch die jeweiligen zuständigen Landesminister (Umwelt, Gesundheit, Agrar). Auch die Bundesländer und Landkreise sind für die Kontrolle vor Ort zuständig.

Noch immer landen mehr als 70 % der Druschfrüchte im Futtertrog. Die meisten Landwirte glauben, sie bräuchten für diese Produktion ‚Spitzmittel‘. Leider glauben zu viele Menschen man bräuchte gegen was Böses wieder was Böses.

Selbst wenn man nur auf traditionelle Fruchtfolge setzt, wäre somit mindestens 70 % der Ackerfläche durch Klee-Löwenzahn-Gras (Klee-Löwenzahn-Tracht für Bienen von April bis September) oder sogar Wechselgrünland wirtschaftlich und Humus mehrend zu ersetzen. Das setzt aber voraus, dass die Landwirte gelehrt bekommen, wie sie die Energie und das Eiweiß vom Kleeanbau oder Grünland auch zu den Tieren im Winter bekommen.

Durch gezielte gesplittete Düngung mit Branntkalk oder Löschkalk und passender Technik lassen sich alle Schaderreger und Schadtiere unter der Schadensschwelle halten. Dabei kommt nie mehr Kalk zum Einsatz als für die Ausgleichskalkung pro Jahr notwendig wäre. Die Mehrzahl der Böden in der Bundesrepublik Deutschland und Österreich sind versauert, was ein deutliches Zeichen ist, wie die Landwirte (auch Bios, seit 1984) schon allein in Bezug auf Düngung und Bodenschutz gegen die gute fachliche Praxis in den letzten Jahren verstoßen haben.

Ich darf auf unseren und den link der EU verweisen: http://www.umweltbund.de/pm_19032017_01.htmEU-Vorschriften:

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2009:309:0071:0086:de:PDF S. 85: ANHANG III

 

Dr. Hans Albrecht, 82131 Gauting

Die Veröffentlichung des kritischen Leserbriefs von Herrn Thies bedurfte keines journalistischen Mutes der bienen&natur-Redaktion. Es gibt nämlich keine bessere Verteidigung der eigenen Meinung als die, dass sich der Angreifer durch Unkenntnis selbst ein Bein stellt, wie im o.g. Leserbrief geschehen.

Die korrekte Arbeit des Institutes für Risikobewertung ist genauso wie das Deutsche Bienenmonitoring von mehr als einer kompetenten Seite glaubhaft angezweifelt worden und damit mit Vorsicht zu genießen und ein recht schwaches Argument, den Gesundheitswert von Agrarchemikalien für uns und unsere Bienen herauszustellen.

Bezüglich der Zulassungsverfahren von Pestiziden, schönfärberisch Pflanzenschutzmittel genannt, muss ich leider feststellen, dass Herr Thies schon überhaupt keine Ahnung hat. Der hierbei angewandte LD-50 Wert (Dosis, bei der 50 % der dem Pestizid ausgesetzten Versuchstiere innerhalb von 48 Stunden sterben) ist für Neonicotinoide bei Bienen ohne jede Aussagekraft. Die Bienen verlieren schon bei sehr niedrigen Konzentrationen ihre Orientierungsfähigkeit und sterben dann später, wenn der tüchtige Agrarfirmen-Toxikologe bereits sein Feierabendbier (mit Glyphosat und vielen anderen Pestiziden) genießt. Unsere Fahrtüchtigkeit zum Beispiel ist ja bereits ab 0,5 Promille Alkohol eingeschränkt und führt dann auf Umwegen, u.U. an einem Allee-Baum zum Tod; die LD- 50 liegt hier wohl bei 3 – 4 Promille. Das heißt, dass ich ca. 6 bis 8 mal soviel trinken müsste, um direkt am Alkohol zu sterben. Der Verdacht liegt nicht allzu fern, dass die Agrar-Chemie unter staatlichen Vorgaben wissentlich mit ungeeigneten Methoden ihre Produkte untersucht. Bei einer von Greenpeace 2013 in Auftrag gegebenen Arbeit wurden in 67,3 % der untersuchten Pollenproben Pestizide nachgewiesen. Dass die Insektenfauna in atemberaubender Geschwindigkeit abnimmt, ist wohl kollektiver Selbstmord, wenn es nach Herrn Thies geht.

Der Varroamilbe die Schuld an den Bienenverlusten zuzuschreiben, ist ein längst durchschauter Trick der Agrarchemie von ihrer eigenen Schädlichkeit abzulenken und damit genauso abgedroschen wie die immer wieder vorgebrachte und damit nicht wahr werdende Behauptung, die Weltbevölkerung sei künftig nur mit ihrer Hilfe zu ernähren. Bei uns zumindest werden ca. 40 % der Lebensmittel weggeworfen; da ist noch ordentlich Luft nach oben. Zu dem Schluss, Pestizide seien unverzichtbar und alternativlos, kann Herr Thies nur durch mangelhaftes Literaturstudium gelangen (siehe z.B. Umweltbund) oder sind es uns nicht bekannte Motive? Herr Thies war bei einer Agrarfirma beschäftigt, und es sieht nicht so recht nach einer Wandlung vom Saulus zum Paulus aus.

Wenn man das Wort Pestizid in seine Bestandteile zerlegt, so sind mit Pest unerwünschte Lebewesen und mit -zid (lateinisch caedere = töten) gemeint. Zu Deutsch: Wer mir nicht passt, den bringe ich um. Langsam scheint mir zumindest unsere westliche Zivilisation zu Verstand zu kommen, indem sie erkennt, dass wir nicht gegen die Natur, sondern mit ihr leben müssen. Die von Herrn Thies despektierlich „Biosuppe“ genannte Bewegung ist der Ausdruck bzw. der Anfang von Vorstellungen einer wachsenden Gruppe von Menschen, die langsam begreifen, dass wir so nicht weiterleben können. Mittlerweile gibt es eine Unzahl von Initiativen, angefangen bei der Friedensbewegung bis zu den Permakulturisten, die erkannt haben, dass es so nicht weitergehen kann. Eine Gesellschaft, die ständig Angst haben muss vor irgendwelchen Terroristen oder dem „Russen“ und deshalb die NATO braucht mit ihrer ungeheuren Geld- und Resourcen-verschwendung; eine Gesellschaft, in der fast jeder zum Psychotherapeuten rennen muss, um wieder in die Spur zu kommen; eine Gesellschaft, in der kaum mehr einer vor Krebs verschont bleibt, und fast jedes Kind ADHS hat und die sich abends mit Tittitainment (kommt aus dem Englischen: Titty = Busen und entertainment = Unterhaltung) zudröhnt und ihre ultimative Erfüllung in sinn- und hirnlosen Konsum findet, kann nicht als sonderlich gesund und zukunftsfähig bezeichnet werden. Wie können wir in unserem Land gut und gerne leben, wenn unser so gerühmter Wohlstand mit dem Leid anderer Lebewesen (Massentierhaltung) und Mitmenschen (Kleinbauern in Südamerika und Afrika) erkauft besser ergaunert ist? Wir müssen die Vorstellungen unserer Position in dieser Welt grundlegend ändern, wir müssen von bekämpfen und töten auf kooperieren und mitfühlen umschalten, ob es Herrn Thies und der Agrarindustrie passt oder nicht, sonst werden wir demnächst von dieser Erde verschwinden und das zurecht.

 

Werner Hofmann, 64846 Groß-Zimmern

der von Ihnen veröffentlichte Leserbrief in der Biene 02/18 von Herrn Dr. Thies habe ich mit Verwunderung und Erschrecken zur Kenntnis genommen. Die Argumentation von Herrn T. ist nach meiner Meinung stark polemisiert und zeigt, dass man aus den Fehlern der Vergangenheit nichts gelernt hat.

Ich halte es für ganz wichtig, dass man Pflanzenschutzmittelwirkstoffe oder -gruppen an den Pranger stellt. In einem Land, in dem Redefreiheit und Pressefreiheit ein hohes Gut sind, ist es erlaubt und erwünscht, Zulassungsverfahren zu hinterfragen. Auch den Landwirtschaftsminister Schmidt darf man zu Recht kritisieren, Herr T. kritisiert ja auch in seinem Schreiben Frau Hendricks. Also gleiches Recht für alle.

Ich gehe weiter davon aus, dass Herr T. in seinem Brief das Pflanzenschutzmittel Glyphosat meint. Wenn ja, hätte ich eine verständliche Aufklärung über diese Mittel erwartet. Zum Beispiel, was ist Glyphosat wirklich, wie wirkt es und in welche Wirkstoffe löst es sich nach seiner Anwendung auf. Eines ist ganz sicher, in nichts löst es sich bestimmt nicht auf. Interessant wäre auch sein Kenntnisstand, wie reagiert unser Grundwasser {Trinkwasser)nach Jahren auf den Eintrag der Auflösungssubstanzen.

Zur Risikobewertung des Bundesinstitutes muss man nicht viel sagen. Eine Erinnerung an Contergan, DTD, Asbest, Abgase usw. ist ausreichend. Solche Substanzen waren einmal alle ungefährlich.

Unverständlich ist mir die genannte Verbindungzwischen Glyphosat und Krebserkrankungen. Nach den bisherigen Untersuchungen gibt es keinen Zusammenhang. Eines aber bewirkt das Mittel augenscheinlich, die Insekten und Wildbienen sterben nicht an dem Gift. Sie verhungern einfach mangels blühender oder die für ihre Lebensweise wichtigen Pflanzen.

Es ist eine völlig irreführende Diskussion, das Bienensterben mit dem Insektensterben zu vergleichen. Honigbienen verhungern nicht, sie werden von den Imkern entsprechend versorgt. Negativ wirkt sich aber die fehlende Pollenvielfalt aus.

Als letztes müssen Sie als Verlag noch klären, lassen Sie als Insektensprachrohr die Bauern oder die Insekten aussterben. Ich denke, eine gute Lösung wäre “Leben und leben lassen”.

 

Kunkel Günter, Neuburg am Inn

Man muss die Augen völlig vor der Realität verschließen, um zu glauben der ungehemmte Pestizideinsatz in der Landwirtschaft und die Vernichtung der Nahrungspflanzen (z. B. blühende Ackerbegleitkräuter) durch Totalherbizide, wie Glyphosat, schaden der Gesundheit und Immunität unserer Honigbienen sowie Wildbienen nicht, bzw. sind nicht am dramatischen Insektenrückgang maßgeblich beteiligt. Sicher sind auch noch andere Negativfaktoren nachrangig dafür verantwortlich, das will ich nicht in Abrede stellen.

Eins steht jedenfalls fest. Insektizide werden ausgebracht um Insekten zu töten und dazu gehören auch unsere Bienen, ob sie nun sofort sterben oder etwas später. Ein bisschen tot gibt es nicht.

Das Bundesamt für Risikobewertung hat nachweislich bei der Bewertung von Glyphosatseitenweise von Monsanto abgeschrieben. Soviel zur Unabhängigkeit dieser Behörde. Es gibt zur Meinungsbildung genügend unabhängige Studien im In- und Ausland zu den tödlichen und auch subletalen Wirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf Insekten, weshalb man sich nicht die subjektiven Veröffentlichungen der Gifthersteller (Monsanto & Co) zu eigen machen muss.

Ich möchte nur ein Beispiel von vielen herausgreifen, um die Belastung der Bienen durch Pflanzenschutzmittel zu konkretisieren.

Im Jahresbericht des Deutschen Imkerbundes 2017 ist nachzulesen, 98% der untersuchten Bienenbrotproben sind durchschnittlich mit 7,9 verschiedenen Substanzen aus Pflanzenschutzmitteln (Giften) belastet. Beim „Spitzenreiter“ wurden sogar 34 verschiedene Substanzen gefunden. In 52% der Proben wurde das hochgiftige Insektizid Thiacloprid aus der Klasse der Neonicotinoide festgestellt. Mit diesem Giftcocktail müssen sich unsere Bienen und Wildbienen ernähren.

Es sollte jeder kritisch und objektiv überlegen, ob ein Verzicht auf Pestizide im Sinne einer ökologischen Landwirtschaft nicht doch eine spürbare Verbesserung für die gesamte Insektenpopulation darstellen würde.

Ich kritisiere nicht den einzelnen Bauern, denn der ist auch Opfer einer seit Jahren verfehlten Landwirtschaftspolitik nach dem Motto „wachsen oder weichen“. Die Allianzaus Agro-Konzernen, Politik und Bauernverbänden haben die Landwirtschaft in eine Sackgasse manövriert. Das sind die wirklichen Feinde der Bauern, sie sind für das massive Bauernsterben verantwortlich, nicht die Imker, Naturschützer, Jäger, usw.

Eine Umkehr ist für viele konventionell wirtschaftende Landwirte schwer, aber es geht wie die ökologisch bewirtschafteten Betriebe es seit Jahren beweisen.Der Weltagrarbericht von 400 unabhängigen Wissenschaftlern kommt zu dem Ergebnis, dass wir die wachsende Weltbevölkerung nur dann nachhaltig ernähren können, wenn wir uns auf agrarökologische Methoden, also auf eine vielfältig strukturierte Landwirtschaft besinnen, wenn wir also mit der Natur und nicht gegen sie arbeiten.

Machen wir so weiter, dann haben wir vielleicht kurzfristig etwas mehr-aber langfristig gar nichts mehr!

 

Claudia Lehner-Sepp, 91580 Petersaurach

Liebes Redaktions-Team,
herzlichen Dank für das tolle Heft, das ich mit großem Interesse lese.

Warum Sebastian Betz den Aufruf zur „Wir haben es satt-Demo“ als zwielichtig bezeichnet, ist mir nicht klar. Die Großdemonstration, richtet sich gegen die Agrarindustrie, nicht aber gegen Landwirte. Die konventionellen und Öko-Bauern demonstrieren auch im achten Jahr im Schulterschluss mit Imkern, Kirchen- und Naturschutzverbänden sowie der Zivilgesellschaft gegen die fatalen Auswirkungen der intensiven industriellen Landwirtschaft. Gülle und Pestizide belasten Böden und Gewässer, bäuerliche Betriebe ringen ums Überleben und das Insektensterben zeigt, welche dramatischen Auswirkungen die industrielle Agrarproduktion auf die Artenvielfalt hat. Es waren 33 000 Menschen vor Ort, um für eine Agrarwende mit fairen Preisen für Bauern weltweit zu demonstrieren, 160 Bauern waren sogar mit ihren Traktoren angereist; teilweise von Bayern nach Berlin! Und wenn ein Treckerfahrer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft mit einem Schild für vielfältige Fruchtfolgen statt Alibi-Blühstreifen wirbt, schließe ich daraus, dass er sich von der Politik und den Aktionären des Bauernverbandes nicht richtig vertreten fühlt.

Von den in Deutschland pro Jahr im Freiland ausgebrachten ca. 36 000 Tonnen Pestizidwirkstoffen werden schätzungsweise ca. 80 % im Ackerbau ausgebracht. Der Absatz an zubereiteten Pflanzenschutzmitteln, das heißt inklusive Formulierungshilfsmitteln, die zum Beispiel wegen der besseren Anhaftung an den Pflanzen beigegeben werden, lag 2013 in Deutschland bei 110 000 Tonnen (Quelle: LfU-2008). Im Mais wird zum Beispiel durchschnittlich 1,9-mal, bei Zuckerrüben 3,7-mal, im Winterweizen 4,9-mal und bei Kartoffeln über 10-mal pro Saison gespritzt (Quelle: Agra-europe 20/13).

Selbst die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) fordert: Pflügen statt Pflanzen tot spritzen. Ackerbau mit dem Pflug bekämpft seit Jahrhunderten sehr wirkungsvoll unerwünschte Pflanzen auf dem Acker.

Vielleicht mag Sebastian Betz am Praxisnachmittag zur mechanischen Beikraut-Regulierung am 16.05.18 in Aichach-Friedberg teilnehmen, der vom BUND Naturschutz e. V. zusammen mit dem Maschinenring durchgeführt wird.

Für mich kann auch das Dropleg-Verfahren nur eine Übergangslösung zum kurzfristigen Schutz unserer Bienen sein. Es gibt im Boden nämlich auch noch andere wichtige Lebewesen, die ein Bauer, der nach der guten fachlichen Praxis arbeitet, sicherlich ebenfalls vor Gift bewahren will, um z. B. mit Hilfe der Regenwürmer Humus aufzubauen.

Warum Herr Dr. Ernst-Peter Thies lieber einer Behörde glaubt, die sich, statt unabhängige Studien heranzuziehen bzw. zu veranlassen, hauptsächlich auf die Studien der beantragenden Firmen verlässt, kann ich auch nicht nachvollziehen.

Eine Studie der CEO zeigt, dass über die Hälfte der 209 für die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) tätigen Wissenschaftler direkte oder indirekte Verbindungen zu Industriezweigen haben, die sie eigentlich kontrollieren sollen! Alle mit der Bewertung befassten Behörden, darunter das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), haben die Krebsbefunde systematisch weg interpretiert. Sieben der zwölf von den Behörden ausgewerteten Langzeitstudien belegen Krebsbefunde. Die Bewertung folgte industrie-politischen, nicht wissenschaftlichen Vorgaben, sonst hätten sie das in der EU geltende Vorsorgeprinzip anwenden und ein Verbot von Glyphosat durchsetzen müssen. Denn obwohl sie dem Verbraucher*innen- und Umweltschutz verpflichtet sind, lassen die Zulassungsbehörden jede kritische Distanz vermissen. Sie handeln wie Dienstleister der Pestizidhersteller.

Nachdem beispielsweise die Krebsforschungsagentur IARC in vier Hersteller-Studien “ausreichende Beweise für eine krebserregende Wirkung” von Glyphosat fand, in denen zuvor das BfR keine Hinweise für eine Krebswirkung erkennen konnte, erhielt das BfR den Auftrag, die Bewertungen der IARC zu evaluieren. In der Folge musste das BfR die von der IARC festgestellten statistisch signifikanten Tumorbefunde in allen vier Studien bestätigen. Auch in den übrigen drei Mausstudien der Hersteller musste die Behörde statistisch signifikante und dosisabhängige Zunahmen von Tumoren zugeben, die sie vorher anscheinend “übersehen” hatte. Die Behörde räumte ein, sie habe “ursprünglich auf die statistischen Auswertungen vertraut, die mit den Studien der Hersteller mitgeliefert wurden”.

In einer Antwort der Bundesregierung vom Juli 2013 zu Langzeitstudien bezüglich möglicher gesundheitlicher Folgen von Glyphosat waren 28 industriefinanzierte Studien aufgelistet und nur eine Studie, die nicht von der Industrie finanziert wurde.

Im März 2015 hatte die Krebsagentur der Weltgesundheitsorganisation auf die Krebsgefahr durch Glyphosat hingewiesen und das Gift als “wahrscheinlich krebserregend beim Menschen” klassifiziert. Außerdem steht es im Verdacht, hormonell wirksam zu sein.

In einem Interview in der Frankfurter Rundschau berichtet Maria Finckh, Professorin für Pflanzenschutz an der Uni Kassel, von der festgestellten erheblichen Resistenz gegen Antibiotika in allen Böden, in denen Glyphosat angewendet wurde. Sie vergleicht Glyphosat mit DDT, das zwar akut weniger giftig ist, langfristig allerdings bereits in geringen Mengen Pseudohormon-Aktivität zeigt und auf Neurotransmitter wirkt. 70 % der Deutschen sind für ein Verbot von Glyphosat.

Sicher ist nicht nur Glyphosat am Artensterben schuld. Seit den 70er Jahren gingen allein in Bayern 500 000 Hektar Grünland verloren. Aber nicht nur artenreiche Blumenwiesen, Schmetterlinge und Vögel der Agrarlandschaft sind heute eine Seltenheit, auch die Bauernhöfe stehen auf der Roten Liste. 1950 waren es noch knapp 400 000 Betriebe in Bayern, heute sind es nur noch rund 110 000. Somit wurden laut LfL über 1,2 Millionen Arbeitsplätze in der Landwirtschaft abgebaut. Die Bauern, die zur Agrar-Demo fahren, möchten dem Prinzip „Wachse oder weiche“ etwas entgegen setzen und werden dabei von den Verbrauchern unterstützt, die sich eine giftfreie Landwirtschaft mit mehr Tierwohl wünschen.

 

Martin Ballmann, Berg

Liebes Team von Bienen&Natur,
es ist sehr traurig, dass es immer noch Menschen gibt, die an einem “weiter so” in der zerstörerischen Landwirtschaft festhalten obwohl die Mehrheit der Bevölkerung Deutschlands bereits verstanden hat, dass Änderungen im Umgang mit der Natur dringend erforderlich sind. Wie stark muss die Umwelt noch leiden bis auch leitende Angestellte im Bereich der Agrochemie ein Einsehen haben? Haben die keine Kinder, an deren Zukunft sie denken müssen?

Natürlich ist die Biolandwirtschaft deren schlimmster Gegner, da sie zum Betriebsergebnis der Chemiekonzerne keinen wesentlichen Beitrag liefern und – was noch schlimmer ist – immer zahlreicher werden. Die Zukunft heißt nun mal Biolandwirtschaft, da wir uns mit den sogenannten chemischen “Pflanzenschutzmitteln” auf Dauer selbst zerstören werden. Erst stirbt die Biene, dann der Mensch. Die Schuld hauptsächlich bei den Varroamilben und Viren zu suchen ist ein leicht zu durchschauendes Ablenkungsmanöver. Die Förderung der Biolandwirtschaft ist übrigen auch Programm unseres bayerischen Landwirtschaftsministers, Helmut Brunner.

Nein, die konventionell arbeitenden Landwirte sind wirklich nicht am Insekten- und Vogelsterben schuld. Schuld sind vielmehr diejenigen, die die Bauern in Abhängigkeiten treiben und sie bereits während ihrer Ausbildungszeit mit einseitiger Propaganda beeinflussen um sie in die gewünschte Richtung zu manipulieren.