26. November 2020

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D.I.B.-Präsident Torsten Ellmann im Interview: „Wir machen das ja nicht für uns, sondern für die Imker“

Wir sprachen mit D.I.B.-Präsident Torsten Ellmann über Honigpreise, die Zukunft des D.I.B.-Glases und einen möglichen "Imker-Führerschein".
Hier trafen sich D.I.B.-Präsident Torsten Ellmann (links) und sein Vize Stefan Spiegl (rechts) beim Agrargipfel mit Bundeskanzlerin Merkel und Landwirtschaftsministerin Klöckner.

D.I.B.-Präsident Torsten Ellmann hat keinen einfachen Job. Denn so vielseitig die Bienenhaltung ist, so verschieden sind auch die Wünsche der Imker. Im bienen&natur-Interview sprach Ellmann über die Eigenverantwortung der Imker beim Honigpreis, die Zukunft des D.I.B.-Glases und wie er die Entwicklung in der Imkerschaft sieht.

Herr Ellmann, wie war Ihr Honigjahr in Mecklenburg-Vorpommern?

Wir haben etwa 30 Kilo pro Volk geschleudert, vor allem Rapshonig. Also etwas weniger als in den Vorjahren – aber nicht so dramatisch wie in Bayern, wo manche Imker gar nichts hatten.

Was verlangen Sie für den Honig?

Fünf Euro – natürlich im D.I.B.-Glas (lacht). Ein Berufsimker würde mehr verlangen müssen, aber es ist hier in der Region schon schwer, mehr als fünf Euro für einen Frühtrachthonig zu bekommen.

Ein Aufregerthema war dieses Jahr die Aldi-Debatte. Dort wurde im Frühjahr Honig im D.I.B.-Glas für 4,99 Euro verkauft. Wie haben Sie die Reaktionen wahrgenommen?

Vor allem die süddeutschen Imker haben sich beschwert, dass sie viel höhere Preise hätten. Laut den Umfragen liegt der Durchschnitt dort etwa bei 5,30 Euro. Wichtig ist aber auch: Der D.I.B. verkauft den Honig nicht, sondern die Imker. Aldi kann den Honig also nur anbieten, wenn davor genügend Imker ihren Honig an die Abfüllstelle verkauft haben. Mit den guten Ernten der letzten Jahre ist momentan wahrscheinlich genug Honig auf dem Markt.

Zuletzt gab es in einzelnen Aldi-Filialen Honig im D.I.B.-Glas für 2,49 Euro. Während der D.I.B. die Aktion im Frühjahr noch verteidigt hat, schrieben Sie zuletzt ein Protestschreiben an Aldi.

Wir sind jetzt auch anderer Meinung als im Frühjahr. Dieses Verramschen für 2,49 Euro muss gestoppt werden, bei den 4,99 Euro bin ich weiterhin der Meinung, dass wir das zumindest akzeptieren müssen. Auch wenn es uns nicht gefällt. Zudem sind das Aktionen und keine Dauerpreise. Was mich mehr ärgert: Wenn bei Kaufland ein Glas Honig 6,50 Euro kostet, sind wir bei einem Kilopreis von 13 Euro. Die Imker bekommen davon aber nur vier bis fünf Euro fürs Kilo. Das ist schon eine gute Marge.

Wie reagierte Aldi auf Ihren Protestbrief?

Sie wollten von uns wissen, in welchen Filialen es denn diese 2,49-Euro-Aktionen gab und es sich dann anschauen. Auf eine Antwort warten wir noch.

Die Honige in den Discountern kommen von Abfüllstellen, die den Honig aufkaufen, abfüllen und weiterverkaufen. Verstehen Sie, wenn Imker sagen, das D.I.B.-Glas sei „Das Glas der Imker“, nicht der Abfüllstellen?

Natürlich könnten wir den Abfüllstellen die Lizenz entziehen – doch was wäre die Folge? Imker, die nicht selbst vermarkten wollen oder können, könnten ihren Honig nicht mehr verkaufen.

Aber die Abfüllstellen könnten ja weiter Honig weiterverkaufen – nur eben im Neutralglas.

Die wollen aber auch die Bekanntheit des D.I.B.-Glases nutzen, um ihn in einer höherwertigen Kategorie zu vermarkten, weil der Handel diese Markenqualität nachfragt.

Wie viel der verkauften D.I.B.-Gewährverschlüsse gehen denn an die Abfüllstellen?

2019 waren es 6,4 Prozent, im Durchschnitt der letzten zehn Jahre 4,2 Prozent. Lassen wir uns von dieser kleinen Menge den Preis diktieren oder können wir Imker nicht selbst einen höheren Preis verlangen? Aber solange es Imker gibt, die das Kilo Honig auch deutlich unterhalb von fünf Euro an Abfüller verkaufen, wird es schwer, dass der Honigpreis da ansteigt.

Sie appellieren also an die Imker, den Honig nicht zu günstig an die Abfüllstellen zu verkaufen?

Genau. Versuchen wir, einen besseren Preis zu erzielen. Auch bei Honig gelten die Gesetze der Marktwirtschaft: Haben wir gute Ernten und viel Honig, sinkt der Preis. In einigen europäischen Nachbarländern ist es aber zurzeit nicht besser: Die haben wenig Honig im Markt und trotzdem gibt es niedrige Preise.

Das wissen wir auch nicht genau. Wahrscheinlich, weil zu viele Importhonige auf dem Markt sind, die viel günstiger sind.

“Der Verbraucher hat ein Recht darauf zu erfahren, woher der Honig stammt”

In Ihrem letzten Gespräch mit Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner ging es deshalb auch um transparentere Kennzeichnung von Honig, hier sollen die Ursprungsländer künftig prozentual aufgelistet werden. Wann können wir damit rechnen?

Woran liegt das?

Der Verbraucher hat ein Recht darauf zu erfahren, woher der Honig stammt. Wir Imkerverbände wollen diese Kennzeichnung und haben das Frau Klöckner auch so gesagt. Entschieden wird letztendlich in Brüssel. Wann es kommt, kann ich nicht vorhersagen – die europäischen Mühlen mahlen bekanntlich…

Woran kann es denn noch scheitern?

Sie wissen ja, wie Lobbyarbeit funktioniert. Da wird es auch Akteure geben, die solch eine Herkunftsbezeichnung verhindern möchten. Aber wir haben die meisten unserer europäischen Imkerkollegen hinter uns.

Ende September hatten Sie ein Gespräch mit den Vertretern der Abfüllstellen. Welche Position haben Sie dort vertreten?

Wir haben ihnen gesagt, dass die Imker solche Aldi-Aktionen nicht gut finden und der D.I.B. nicht will, dass Honig verramscht wird. Wichtig ist, dass auch monetär etwas bei den Imkern ankommt. Wir machen das ja nicht für uns, sondern für die Imker.

Was haben die Vertreter der Abfüllstellen dazu gesagt?

Sie haben uns klar gesagt, dass man über den Preis kaum reden kann, weil wir sonst mit dem Kartellamt ein Problem bekommen. Deshalb können und wollen wir als Verband auch keine Mindestpreise empfehlen. Wir wollen uns aber stärker mit den Abfüllern austauschen.

Viele Imker werfen dem D.I.B. vor, es gehe ihm hier vor allem um die Zusatzeinnahmen. Ist das so?

Der D.I.B. braucht diese durchschnittlich vier Prozent der Abfüller nicht zum Überleben. Mit den Einnahmen der Abfüllstellen können wir auch Nützliches tun. Sie leisten genau wie Imker einen Beitrag zum Werbefond. So können wir beispielsweise Schautafeln für Imkervereine oder Unterrichtsmaterial für Schulen kostenlos zur Verfügung stellen. Direkte Lizenzleistungen der Abfüllstellen an den D.I.B., die in den Haushalt des D.I.B. einfließen, gibt es nicht.

Lassen Sie uns über das D.I.B.-Glas reden. Was zeichnet es denn aus?

Die Marke ist 1925 eingeführt worden, um deutschen Honig vom Imker vor Importen und Verfälschungen zu schützen Wir haben einheitliche Vermarktungsstrukturen, eine eigene Qualitätskontrolle und Werbestrategien aufgebaut und mit der Marke ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt. So konnten wir uns über Jahrzehnte das gute Image aufbauen, um das uns andere beneiden.

Aber glauben Sie nicht, dass dieses Image leiden könnte, wenn es den Honig im D.I.B.-Glas für 2,49 Euro im Aldi gibt?

Klar, das ist eine Gefahr. Wir müssen noch deutlicher zeigen, dass wir eine besondere Qualität haben. Wie wir dies tun, das kann ich nicht allein entscheiden. Wir sind schließlich ein demokratischer Verband.

Das klingt nach einer Marketingkampagne für Honig im D.I.B.-Glas?

Genau. Wir müssen darstellen, dass unser Honig nicht nur qualitativ gut ist, sondern auch ökologisch besser als Importhonig. Mit der Bestäubung unserer Bienen erhalten wir die Natur, zudem hat unser Honig dank der kurzen Wege und des Mehrwegglases einen deutlich besseren CO₂-Fußabdruck. Der Honigerlös ernährt bei Berufsimkern auch Familien und Angestellte. Denn Imker sind auch Arbeitgeber. Das müssen wir besser transportieren. Wir müssen unseren Honig in der Gesellschaft also aufwerten, die Vermarktungsstrukturen ausbauen, das Image weiter verbessern – nicht in den Preis eingreifen. Vielleicht müssen wir auch transparenter werden: Mal für die Bevölkerung die Bienenstöcke öffnen und ihnen so die Imkerei näherbringen.

Der Trend geht immer mehr zur Regionalität. Auf dem D.I.B.-Glas lässt sich die nur geringfügig abbilden, was von vielen Imkern kritisiert wird. Sind hier Änderungen angedacht?

Wir haben vor, zum 100-jährigen Jubiläum des Glases – also 2025 – einen Markenrelaunch vorzubereiten. Dafür arbeiten wir auch mit externen Beratern, die ein Konzept ausarbeiten, wie wir die Marke stärken und weiterentwickeln können. Die Marke muss aber erkennbar bleiben. Wir werden dann schauen, wie wir die Regionalität noch besser hervorheben können. Das ist das Schöne: Die Imker sind eine Gruppe unterschiedlichster Berufe, uns vereint aber die Liebe zur Biene. Wir sind da offen: Wer Ideen und Expertise hat, darf sich gerne einbringen.

Wie stark sich das Glas ändern wird, ist also noch offen?

Als D.I.B.-Präsident vertrete ich alle Imker, egal ob sie im D.I.B.- oder im Neutralglas vermarkten.