19. Februar 2020

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Mit Stearin gefälschtes Wachs schadet Bienenbrut

Bienenwachs wird oft gefälscht. Häufig ist das Wachs in den Mittelwänden dabei mit Stearin gestreckt. Doch dieses schadet schon in kleinen Mengen der Bienenbrut.
Bei 30 % Stearin sieht es nach zwölf Tagen noch schlimmer aus: Die Brut entwickelt sich kaum, nur wenige Zellen sind verdeckelt. Auf der Referenz links dagegen ein normales Brutbild.

Reines Bienenwachs ist selten und teuer. Deshalb fälschen Betrüger es immer wieder und mischen Fremdwachse zu: Vor allem Paraffin und Stearin. Während die Mittelwände durch Paraffin instabil werden, schädigt das mit Stearin gefälschte Wachs die Brut. Das zeigen Untersuchungen der Landesanstalt für Bienenkunde Hohenheim.

Was ist Stearin und Paraffin?

Die meisten Kerzen werden heutzutage aus Paraffin und Stearin gefertigt. Denn: Beide Stoffe sind günstiger als Bienenwachs. Sie kosten jeweils nur drei bis vier Euro pro Kilogramm, Mittelwand-Bienenwachs dagegen zwischen 15 und 20 Euro. Paraffin ist ein Abfallprodukt bei der Erdölaufarbeitung und wird außerdem in der Papier- und Verpackungsindustrie verarbeitet. Stearin wird hingegen aus tierischen und pflanzlichen Fetten gewonnen – meist aus Palmöl.

Der Versuch: Bienenwachs mit Stearin gestreckt

Ein Arbeitskreis von Dr. Klaus Wallner (Landesanstalt für Bienenkunde Hohenheim) untersuchte, wie sich Brut auf Waben entwickelt, die Stearin enthalten. Dazu gossen die Wissenschaftler Mittelwände aus rückstandsfreiem Bienenwachs gemischt mit Wachs aus Stearin in den Konzentrationen 2,5 Prozent, 7,5 Prozent und 30 Prozent. Sie löteten sie jeweils zur Hälfte zusammen mit einer Mittelwand aus reinem Bienenwachs in ein Miniplus-Rähmchen ein (Bild unten). So lässt sich auf derselben Wabe vergleichen, ob sich die Brutentwicklung auf reinem und verfälschtem Bienenwachs unterscheidet. Die Rähmchen wurden in Versuchsvölker gehängt und vier Wochen lang von Ende Mai bis Ende Juni alle zwei bis drei Tage kontrolliert.

Ergebnis: Mit Stearin gepanschtes Wachs schädigt Brut

Die Bienen haben alle Mittelwände angenommen und problemlos ausgebaut – auch die mit dem höchsten, 30-prozentigen Stearinanteil. Doch bereits nach sechs Tagen entwickelten sich die Larven auf den Stearin-Mittelwänden langsamer. Während sich in den Brutzellen des reinen Referenzwachses schon Larven befanden, enthielten die Zellen der Stearin-Mittelwände immer noch Stifte. Nach zwölf Tagen war der Unterschied signifikant: Bereits ab 7,5 Prozent Stearinanteil räumten die Bienen die Brut wieder aus oder verdeckelten sie unregelmäßig. Man kann also davon ausgehen, dass Inhaltsstoffe aus dem Stearin in den Larvenfuttersaft wandern, von den Larven gefressen werden und sie so schädigen. Noch ist unklar, welche langfristigen Auswirkungen das Stearin hat – etwa, ob Bienen der Stearinwaben genau so gesund sind und genauso lange leben wie die anderen.

Gefälschtes Wachs: Instabil durch Paraffin

Während Stearin die Brut schädigt, macht Paraffin die Waben „nur“ instabiler. Doch auch das kann Folgen haben: Sind die Waben gefüllt, können sie regelrecht absacken. Oben oder in der Mitte bildet sich ein Loch, während Wachs und Honig sich unten häufen. Wenn auf diese Weise ganze Honigräume kollabieren, können sie das Bienenvolk unter sich begraben. Mit Stearin verfälschtes Bienenwachs, ist dagegen relativ stabil.

Ab einem bestimmten Gehalt von Paraffin in den Mittelwänden wird die Wabe instabil und sackt zusammen. Foto: Andreas Schierling
Ab einem bestimmten Gehalt von Paraffin in den Mittelwänden wird die Wabe instabil und sackt zusammen.

Gefälschtes Wachs: Keine Einzelfälle

2016 kamen wohl etwa 40.000 Kilogramm gepanschtes Bienenwachs aus China über den Hamburger Hafen nach Europa. Händler kauften es auf und verkauften es teilweise umgearbeitet als Mittelwände an Imker. Tatsächlich waren 44 von 158 Wachsproben (28 Prozent), die seit Ende 2017 in der Landesanstalt für Bienenkunde Hohenheim untersucht wurden, verfälscht. Hauptsächlich mit Stearin und Paraffin. Häufig lag der Verfälschungsgrad bei 10 bis 20 Prozent. Im Jahr 2018 wurden auch in Bayern 130 Wachsproben analysiert. Davon waren 12,4 Prozent mit Fremdwachsen verfälscht.
Markus Gann, ein betroffener Imker aus Metzingen, verlor so viele Völker. Deshalb fordert er jetzt in einer Wachspetition eine Wachsverordnung. Diese soll regeln, dass nur von Honigbienen ausgeschwitztes und unvermischtes Wachs auch “Bienenwachs” genannt werden darf.

Gefälschtes Wachs? Analyse im Labor

Sie wollen testen lassen, ob ihr Wachs verfälscht ist? Verschiedene Labors bieten Analysen an, die meisten können das Wachs zusätzlich auf Rückstände untersuchen.

Behördliche Analyselabors für Wachs:

Der Deutsche Imkerbund fördert Wachsuntersuchungen. Imker müssen so nur einen Eigenanteil von 20 Euro bezahlen. In einzelnen Bundesländern gibt es auch eigene Förderungen. In Bayern ist die Analyse beispielsweise kostenlos.

Wer sauberes Wachs ohne Rückstände will, sollte auf einen eigenen, offenen Wachskreislauf setzen.

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